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CW: Suizid, Depression

R.I.P. Reckful

Einer der Twitch-Urväter, der grösste WoW-Streamer aller Zeiten, ist gestern seiner Krankheit erlegen.

Byron aka Reckful hat den Kampf gegen seinen Depressionen verloren. Er machte seiner Exfreundin noch einen Antrag auf Twitter, entschuldigte sich Minuten später bei allen, die mit seinem Wahnsinn dealen müssen und nahm sich daraufhin das Leben. Trolle kommentierten seinen Post unter anderem mit “just pull the trigger”.

Byron hat seine Community immer wieder dazu ermutigt über Mental Health zu sprechen, sich nicht dafür zu schämen und ging auch offen mit seiner eigenen Erkrankung um. Daher heute von mir einen Einblick in mein Innenleben und in meine Erkrankung.
Mich hat das Ganze so richtig hart getroffen. Nur schon der Gedanke daran und mich selbst damit zu konfrontieren, ist so viel schwieriger als es sein sollte.

Ich hatte heute Tränen in den Augen als ich von Reckful’s Tod erfahren habe. Ich leide selbst seit über der Hälfte meines Lebens an Depressionen. Heute sind diese für mich meistens kein Problem mehr, da ich Mittel und Wege gefunden habe mit ihnen besser umzugehen. Ich dachte bis vor einem Jahr eigentlich sogar, dass ich es geschafft und meine Depressionen besiegt hatte. Aber, OH BOI, lag ich falsch.

Relativ genau vor einem Jahr hat mich eine toxische Beziehung innert Monaten nicht nur wieder in die Depressionen gestossen, sondern auch fast in den Suizid getrieben. Dies hat mich damals auf den Boden der Tatsachen zurück geholt und mir eins bewusst gemacht; ich werde wohl den Rest meines Lebens mit diesen Gedanken und Gefühlen leben müssen. Rein rational weiss ich ja, dass ich nicht sterben will. Depressionen sorgen aber für Gedanken-Schlaufen, aus denen man fast nicht mehr selbst heraus kommt. Man hat zwar das Gefühl, man mache Denkfortschritte, doch ist das nur eine Täuschung. Eigentlich lässt es sich mega gut mit Kaugummi kauen vergleichen. Man hat zwar das Gefühl man würde essen, aber der Kaugummi bringt einem keine Nährstoffe. Jedesmal wenn meine Depression getriggert wird und ich mich nutz- und wertlos fühle, schleicht sich auch der Gedanke “Ich will sterben.” ein, der diese Loops bei mir lostritt. Heute kann ich dies meistens relativ gut handeln und mich selber etwas von diesen Gedanken distanzieren, da ich weiss, woher sie kommen und dass sie nicht die Realität abbilden, sondern nur die verzerrte Wahrnehmung meines Gehirns sind. Deshalb kommt es, abgesehen von diesem einen Zwischenfall vor einem Jahr, in dem ich wirklich wie in einem Film war, nicht mehr zu einem solchen Kontrollverlust.
Das war jedoch nicht immer so. Ich habe Menschen durch mein damals unkontrollierbares Verhalten sehr fest verletzt, unabsichtlich und dennoch nachhaltig geprägt. Dafür mache ich mir bis heute Vorwürfe. An einem Punkt war das Ganze so schlimm, dass ich, mit Tränen in den Augen und dem Messer an der Brust, meine damalige Partnerin gebeten hatte, mich zu töten. Einfach weil mir selber die Kraft dazu fehlte. Nur wenige Monate danach habe ich einen Abschiedsbrief verfasst und stand auf den Bahngleisen, bevor ich mich selbst getraut habe mich in Behandlung zu begeben. Diese verzerrte Wahrnehmung und der daraus resultierende Kontrollverlust ist etwas vom heftigsten, was ich selbst jemals erlebt habe. Ich bin so froh, dies heute reflektiert und objektiv betrachten zu können. Aber ich versuche noch immer aktiv mir nicht weiter die Schuld zu geben und mir Vorwürfe zu machen deswegen. Auch nach all den Jahren.

Ich verstehe absolut, und bin sogar froh darum, dass viele Menschen dies nicht nachvollziehen können. Es ist verdammt hart dies hier so offen und ehrlich zu schreiben, aber nicht annähernd so schwierig wie es war das Ganze zu durchleben.

Daher bitte, liebe Gaming- und Streaming-Community, hört auf unsensible Dinge zu sagen oder zu schreiben. Aussagen wie “KYS” sind weder lustig, noch in einer sonstigen Form irgendwie akzeptabel. Selbst wenn ihr nicht nachvollziehen könnt wie es manchen Menschen geht, so habt wenigstens den nötigen Anstand, solche Dinge runter zu schlucken. Seine negativen Emotionen an anderen Menschen auszulassen oder diese auch nur im Spass zum Suizid aufzufordern, ist das Letzte.

Es war alles andere als einfach dies in Worte zu fassen und ich hoffe ich kann damit etwas zum allgemeinen Diskurs beitragen.

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